Blick von oben auf eine Kreuzung in einer StadtFranziska Meinherz

Mobilitätswende im urbanen Raum – Prof. Franziska Meinherz

  • Als Sozialwissenschaftlerin und Mobilitätsforscherin untersucht sie am Institut für Geographie und Geoökologie des KIT das Zusammenspiel von Raum und Gesellschaft. Ihr interdisziplinärer Blick gilt insbesondere der Mobilitätsgerechtigkeit für unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen sowie der Mobilitätswende hin zu mehr Nachhaltigkeit. 

Wie Raumstruktur und Mobilitätserfahrung zusammenhängen

Porträt Prof. Franziska Meinherz Chiara Bellamoli

„Ausgehend vom Grundverständnis, dass keine Disziplin alles erklären kann, berühren sich in meiner Forschung Geographie und Soziologie, und es bestehen Verbindungen zur Raumplanung sowie zum Verkehrsingenieurwesen. Das macht meine Arbeit sehr spannend“, sagt Meinherz. „Wir wollen verstehen, wie sich die soziale und räumliche Struktur von Städten und die Bewegung der Menschen darin gegenseitig beeinflussen“, erläutert die Wissenschaftlerin, die 2024 bereits im Alter von 33 Jahren den neu eingerichteten Lehrstuhl für Stadt- und Mobilitätsgeographie übernahm.

Methodisch arbeiten Meinherz und ihre Arbeitsgruppe unter anderem mit vertieften Interviews und begleiten Menschen auf ihren Wegen durch den Stadtraum, um deren Erfahrungswelt zu erfassen. „Die Mobilitätspraktiken und -erfahrungen der Menschen in der Stadt sind sehr vielfältig, auch wenn sie dieselben Verkehrsmittel nutzen“, sagt die Wissenschaftlerin. So zeigten sich etwa geschlechtsspezifische Unterschiede: „Mütter erleben ihre von vielen verzweigten Wegen und zahlreichen Stationen – wie Kita, Einkaufsmarkt und Arbeitsstätte – geprägte Alltagsmobilität viel anstrengender als Väter.“

Die Mobilitätsangebote werden den Bedürfnissen vieler Gruppen, auch in gut erschlossenen Städten, nicht gerecht, stellt die Forscherin fest. Zu den Gruppen zählt sie Frauen, alte und bewegungseingeschränkte Menschen, Kinder oder Menschen, die Schichtarbeit leisten. Aber auch Personen, die in preiswerten, schlecht angebundenen peripheren Vierteln wohnen und sich kein Auto leisten können. „Für mehr Mobilitätsgerechtigkeit gilt es, eine Infrastruktur zu schaffen, die auch auf die Bedürfnisse dieser Menschen eingeht“, so Meinherz.

Kartographische Analysen und Datenanalysen ermöglichen Rückschlüsse auf Zusammenhänge zwischen dem sozioökonomischen Gefüge peripherer Stadtviertel und der Erreichbarkeit von Kitas, Arbeitsplätzen oder Einkaufsmöglichkeiten durch öffentliche Verkehrsmittel. Wie und mit welcher Intention – etwa Wirtschaftsförderung oder Nachhaltigkeit – Mobilitätspolitik gemacht wird, betrachtet Meinherz ebenso wie die mit Maßnahmen zur Verkehrswende einhergehenden stadträumlichen Veränderungen: „Wir schauen, in welchen Wohnquartieren der Ruf nach Nachhaltigkeit und Verkehrsberuhigung umgesetzt wird, und wie sich diese Aufwertung auf das soziale Gefüge im Viertel auswirkt“, sagt sie.

Für ihre Promotionsarbeit an der ETH Lausanne hatte sich Meinherz mit städtischen Pendelpraktiken befasst. Anschließend arbeitete sie im „Transforming Mobility and Society Lab“ an der TU München zu Fragen der Transformation der Mobilität in Städten. Von 2025 bis 2028 gehört sie dem Beirat des französischen Forschungsinstituts Forum Vies Mobiles in Paris an. Das Institut zeigt an der Schnittstelle von Wissenschaft und Gesellschaft auf, wie sich Mobilität nachhaltiger und bedürfnisorientierter gestalten lässt. (afr)

Der Presseservice des KIT stellt gerne den Kontakt zwischen den Medien und Prof. Meinherz her.

 

Fotonachweis:
Forschungsfoto: Franziska Meinherz
Porträt Prof. Franziska Meinherz: Chiara Bellamoli