Wissenschaftsjahr 2018 - Arbeitswelten der Zukunft

  • Datum: 15.02.2018
  • Sehr geehrte Damen und Herren,

    die Digitalisierung ganzer Lebensbereiche oder auch die rasante Entwicklung von neuen Technologien im Bereich der künstlichen Intelligenz und Robotik werden unsere Arbeit in Zukunft entscheidend prägen. Doch auf was genau müssen wir uns als Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einstellen? Welche Fähigkeiten werden erforderlich sein und wo ergeben sich vielleicht ganz neue Möglichkeiten?

     

    Die Chancen und Herausforderungen des technologischen Fortschritts für unsere Arbeit stehen im Mittelpunkt des Wissenschaftsjahres 2018 – Arbeitswelten der Zukunft, das die Bundesministerin für Bildung und Forschung Johanna Wanka am Montag, 19. Februar, in Berlin eröffnet. Auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) beschäftigen sich auf vielfältige Weise mit Arbeitswelten der Zukunft und wollen in den Dialog mit der Gesellschaft treten. Dabei beziehen sie ganz unterschiedliche Positionen.

     

    Hören Sie hier die Experten im Radiointerview:

     

    „Die Arbeitswelten von morgen bleiben gleich – und sind doch anders“, sagt etwa Informatikprofessor Michael Beigl und rät zu einem nüchternen Blick sowie Optimismus im Umgang mit den Veränderungen. Der Experte für Pervasive Computing Systems forscht am Internet of Things (IoT) und an Softwarelösungen für die Industrie 4.0: „Gleich bleibt unsere Tätigkeit im Allgemeinen. Anders sind insbesondere die Künstliche-Intelligenz-gestützten Werkzeuge mit denen wir arbeiten werden. Diese werden uns nicht nur Arbeitsvorgänge abnehmen können, sondern uns besseren Überblick über Sachverhalte schaffen. Und statt nur Ergebnisse auf Nachfrage werden solche Systeme in Zukunft auch proaktiv Erkenntnisse liefern. Ein Produktionsingenieur wird beispielsweise nicht nur Messergebnisse auswerten, sondern seine intelligente Software liefert ihm gleich Regeln, warum etwas funktioniert oder nicht. Der Verwaltungsangestellte wird nicht nur die Vorgänge sehen, sondern auch Vorschläge erhalten, wie man Gleiches mit weniger Aufwand erreichen kann. Daraus etwas kreativ zu gestalten und Entscheidungen zu treffen, wird der Arbeitnehmer der Zukunft aber immer noch selbst müssen.“

     

    Der Technikphilosoph Professor Armin Grunwald, Leiter des Instituts für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) und des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB), warnt aber vor einem einseitig enthusiastischen Blick auf den technologischen Fortschritt. Ihm machen vor allem die gesellschaftlichen Folgen Sorgen, wenn Automatisierung und Roboter zukünftig viele Arbeitsplätze ersetzen:

     

    „Die Betroffenen der Automatisierung sind nicht zwingend für die neuen Arbeitsplätze qualifiziert. Uns drohen da große soziale Probleme. Leider dominiert unsere Gesellschaft aber ein naiver Fortschrittsglaube, wobei sicherlich eine Rolle spielt, dass die deutsche Wirtschaft vom Export dieser Maschinen und Roboter profitiert. Wir müssen daran denken, dass weitreichende Innovationen immer Gewinner und Verlierer mit sich bringen.“

     

    Um die Verlierer dieser Entwicklung gesellschaftlich nicht zu sehr abzuhängen, schlägt Grunwald vor, auch über direkte politische Maßnahmen nachzudenken: „Wir müssen Steuern zahlen, der Roboter nicht. Das ist ein klarer Wettbewerbsnachteil für Menschen. Dadurch wird sich die Verbreitung der Robotik im Arbeitsleben stark beschleunigen. Es ist an der Zeit, das politisch zu überdenken, eine Steuer für Roboterarbeit steht irgendwann an.“

     

    Auch Professorin Barbara Deml vom Institut für Arbeitswissenschaft und Betriebsorganisation (ifab) hält es für möglich, dass die Geschwindigkeit der technologischen Neuerungen immer mehr zu einem Problem für einen Teil der Arbeitnehmer werden könnte:

     

    „Ich gehe davon aus, dass eintönige, sich wiederholende Tätigkeiten noch stringenter automatisiert werden. Dabei denke ich nicht nur an die Produktion, sondern auch an Verwaltung oder Vertrieb. Vermutlich werden wir auch eine noch viel stärkere Unterstützung durch intelligente Assistenzsysteme erleben. Viele Tätigkeiten werden dadurch wesentlich einfacher auszuführen sein. Demgegenüber steht aber auch der volkswirtschaftliche Anspruch, hochkomplexe digitale Produkte sehr schnell zu entwickeln. Diese dynamische, forschungsintensive Wissensarbeit wird an einige Arbeitnehmer höchste Anforderungen stellen. Die Konsequenz aus der Vereinfachung auf der einen Seite und dem gestiegenen Anspruchsniveau auf der anderen Seite wird zu einer Polarisierung der Arbeitswelt führen.“

     

    Um auf diese Veränderungen angemessen zu reagieren, brauche es mehr als die oft bemühte Empfehlung, individuell flexibel zu bleiben oder mit Weiterbildungen und lebensbegleitendem Lernen zu reagieren: „Diese Haltung ist von einer geradezu resignativen Anpassung an die Veränderung geprägt. Zielführend und richtig wäre es, die Veränderung heute aktiv mitzugestalten und selbst Leitplanken, was zum Beispiel Arbeitszeitmodelle angeht, zu definieren“, so Deml. Eine solche proaktive Haltung sei auch deshalb wichtig, weil die Digitalisierung das Potenzial habe, unser menschliches Zusammenleben insgesamt zu verändern: „Neue Technologien führen zu Verhaltens- und Erlebensänderungen. Gemeinsam mit unserer zunehmenden Abhängigkeit von Technologien, der Frage des Datenschutzes sowie dem Informationsmonopol einiger weniger global tätiger Unternehmen könnte das zu einer Gefahr für die Demokratie werden.“

     

    Für weitere Informationen stellt die Pressestelle des KIT gern Kontakt zu den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern her. Bitte wenden Sie sich an Martin Heidelberger, Tel. 0721 608-21169, martin.heidelberger@kit.edu oder an das Sekretariat, Tel. 0721 608-47414, E-Mail an presse@kit.edu

    Im Portal „KIT-Experten“ finden Sie weitere Ansprechpartner zu Highlights aus der Forschung des KIT sowie zu tagesaktuellen Themen: http://www.pkm.kit.edu/kit_experten.php


    Freundliche Grüße

    Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
    Strategische Entwicklung und Kommunikation (SEK)
    Gesamtkommunikation


    Monika Landgraf
    Leiterin Gesamtkommunikation
    Pressesprecherin

     

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