Forschungsbild Steven Saffi, Auger Collaboration

Teilchen aus dem Universum - Prof. Ralph Engel

  • Der Leiter des Instituts für Astroteilchenphysik (IAP) beschäftigt sich in experimenteller Grundlagenforschung mit den fundamentalen Rätseln der Natur an der Schnittstelle von Kosmologie, Astrophysik und Elementarteilchenphysik.

Durch kosmische Strahlung mehr über das Universum erfahren

Portraet Engel Michael Hoch, KIT

Kosmische Teilchen sind Botschafter, durch die sich etwas über den Ursprung des Universums und die darin ablaufenden Prozesse lernen lässt. „Wir wissen seit vielen Jahren, dass es im Kosmos hochenergetische Teilchen gibt. Wollten wir auf der Erde Teilchen so viel Energie verleihen, müssten wir Beschleuniger bauen, die den Umfang der Umlaufbahn des Merkur haben – also etwas mehr als 57 Millionen Kilometer lang“, sagt Ralph Engel. Die Forschenden wollen ergründen, wo die Quelle dieser Beschleunigung liegt, und verstehen, wodurch die Natur es schafft, die Teilchen so stark zu beschleunigen – sind es superschwere schwarze Löcher, sich sehr schnell drehende Neutronensterne oder sternbildende Galaxien?

Die hochenergetische kosmische Strahlung selbst erreicht die Erde nur selten, pro Jahrhundert trifft ein Teilchen auf die Fläche eines Quadratkilometers. Die gigantischen Energien dieser Teilchen lassen sich jedoch indirekt messen: über die Sekundärteilchen, die entstehen, wenn die kosmische Strahlung in der oberen Erdatmosphäre mit Atomkernen zusammenstößt. Durch die Kollision entstehen Kaskaden neuer Teilchen – Luftschauer mit mehr als zehn Milliarden Teilchen –, die auf die Erdoberfläche gelangen. Am Pierre-Auger-Observatorium in Argentinien läuft das weltweit größte Experiment zur Messung kosmischer Strahlung. Das Projektmanagement liegt federführend beim KIT, Engel ist der wissenschaftliche Sprecher des Pierre-Auger-Kollaboration, an der mehr als 400 Forschende aus 17 Ländern beteiligt sind. Durch Wassertanks, die mit Detektoren versehen sind, und Teleskope lassen sich Signale der Luftschauer registrieren, die Rückschlüsse auf die Energie und die Einfallsrichtung der Ursprungsteilchen zulassen. Zahlreiche der neuesten Detektoren für das Observatorium entstanden am KIT. Zudem wurde für die Datenanalyse am KIT das Standardprogramm CORSIKA entwickelt, das Forschende weltweit zur Simulation von Teilchenkaskaden nutzen.

Im Zuge der Multi-Messenger-Astronomie, die Informationen verschiedener kosmischer Boten nutzt, forschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des IAP auch am Neutrino Observatorium IceCube am Südpol. Mit optischen Modulen suchen sie in der Tiefe des lichttransparenten arktischen Eises nach Neutrinos, die wegen ihrer äußerst geringen Masse und sehr schwachen Wechselwirkung kaum nachzuweisen sind. Diese und weitere Projekte des IAP in der experimentellen Grundlagenforschung sind gemeinsam mit fünf weiteren Instituten des KIT in das Helmholtz-Programm Materie und Universum eingebunden, dessen Sprecher Engel ist. Seit 2022 ist der Wissenschaftler auch Vizesprecher der Kommission Astroteilchenphysik in der International Union of Pure and Applied Physics (IUPAP). „Die noch junge Astroteilchenphysik bearbeitet sehr viele grundlegende Fragen, die noch offen sind. Theorie und Experiment arbeiten hier eng zusammen, das ist mir wichtig“, betont Engel, der nach seinem Studium der Physik und Mathematik als Postdoktorand am DESY in Hamburg und anschließend am Bartol Research Institute an der Universität von Delaware, USA, arbeitete, bevor er an das KIT kam. (afr)

Der Presseservice des KIT stellt gerne Kontakt zwischen den Medien und Prof. Ralph Engel her.

 

Fotonachweis:
Collage Teilchenschauer:  Foto: Steven Saffi, Auger Collaboration; Bearbeitung: Ralph Engel, KIT
Porträt Prof. Ralph Engel, IAP, KIT: Michael Hoch, KIT