InternetserverRolf Mayer, KIT

Internet der Zukunft - Dr. Roland Bless

  • Die Menge der Daten, die gleichzeitig übertragen werden, steigt immer weiter an, auch die Zahl der digitalen Endgeräte nimmt stetig zu – damit werden auch die Übertragungsnetze schwerer kontrollierbar. Der Informatiker am Institut für Telematik befasst sich daher unter anderem mit der Frage, wie eine sichere und beherrschbare digitale Infrastruktur bei einem immer komplexeren Netz gewährleistet werden kann.

Automatisierte Netze, intelligente Pufferverwaltungsstrategien und Netzneutralität

Dr. Roland Bless Magali Hauser, KIT

Streamingdienste wie Netflix, Spotify oder Twitch sowie Social Media und Homeoffice lassen das im Netz transportierte Datenvolumen exponentiell wachsen: Allein zwischen 2018 und 2022 hat es sich mehr als verdoppelt. Internettelefonie und Onlinespiele brauchen aber gleichzeitig als interaktive Dienste auch möglichst geringe Verzögerungszeiten bei der Übertragung. „Wir haben heute schon sehr komplexe Systeme, gerade im Bereich der Netze. Es ist wichtig, dass diese Komplexität beherrschbar bleibt – und das bekommen wir nur mit selbstorganisierenden Systemen hin“, betont Roland Bless. Als Beispiel nennt er intelligente und aktive Puffersysteme, die greifen, wenn Netzkomponenten wie DSL-Router aufgrund zu hoher Datenflüsse überlastet sind. Dabei gelte es, Verzögerungen bei der Übertragung zu vermeiden, ohne die Übertragungsrate zu reduzieren. „Intelligente Pufferverwaltungsstrategien steuern hier selbstständig und entscheiden, wie lange ein Puffer zur Vermeidung von Übertragungsverlusten gefüllt sein darf – und wann der Füllstand reduziert werden muss, um die dadurch auftretende Verzögerung zu begrenzen“, verdeutlicht der Informatiker.

Sollte es zu einem Datenstau im Netz kommen, ist laut dem Experten zudem eine technisch differenzierte Behandlung der Übertragungsdaten notwendig. Denn für echtzeitkritische Anwendungen im Internet, wie der Telefonie oder Online-Gaming, ist eine rechtzeitige Zustellung der Daten wichtig für die Qualität. Eine bedingungslose Einhaltung des Grundprinzips der Netzneutralität – der Gleichbehandlung aller Daten bei der Übertragung im Internet – sei daher auch aus der Perspektive der nutzenden Personen nicht immer sinnvoll. Allerdings müsse darauf geachtet werden, dass die Nutzerinnen und Nutzer selbst entscheiden dürfen, welche Daten priorisiert werden und nicht der Provider.

Mit Blick auf den stetig wachsenden Verkehr im Internet geht es dem Informatiker nicht zuletzt darum, eine solide Basis für die Steuerung und das Management der Netze zu schaffen. Ziel sei auch, Netzausfälle aufgrund menschlichen Versagens zu vermeiden, die selbst bei großen Technologieunternehmen dazu geführt haben, dass Dienste tagelang nicht erreichbar waren. „Daher arbeiten wir an autonomen Protokollen und der Automatisierung des Netzes. Aktuell wird noch sehr viel mit ‚Handarbeit‘ umgesetzt – für ein weiteres Wachstum und einen zuverlässigen Betrieb brauchen wir aber selbstorganisierende Lösungen“, erläutert Bless: „Das Szenario, an dem wir im Zusammenhang mit zukünftigen Mobilfunknetzen forschen, hat ein deutlich dynamischeres Netz, bei dem Komponenten automatisch eingefügt und ausgekoppelt werden – je nach Bedarf.“ Solche Automatisierungen kann die Netzadministration entlasten und zugleich das Risiko von Ausfällen aufgrund menschlicher Fehler verkleinern. Klares Ziel sei, dass in Zukunft intelligente Netzsteuerungen durch Maschinelles Lernen selbständig komplexe Netzstrukturen verwalten können. So ließen sich unter anderem auch große Datenmengen entsprechend priorisieren oder umleiten, um Engpässe und Ausfällen zu vermeiden.

Bless beschäftigt sich bereits seit mehr als 20 Jahren aktiv mit der Internet-Standardisierung, am KIT hält er Vorlesungen unter anderem zum Next Generation Internet und zur Netzsicherheit. Er ist Mitglied der Gesellschaft für Informatik, der ACM, SIGCOMM, der IEEE ComSoc und der Internet Society.(jaho)

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Portrait Dr. Roland Bless, TM: Magali Hauser, KIT