Folge 15: KATRIN beginnt Jagd auf die Geisterteilchen. Die genaueste Waage der Welt soll die Masse von Neutrinos messen

  • Autor:

    Philipp Eins

  • Datum: 29.05.2018

KATRIN beginnt Jagd auf die Geisterteilchen. Die genaueste Waage der Welt soll die Masse von Neutrinos messen

Hauptspektrometertank des KATRIN-Experiments
Im November 2006 wurde der Hauptspektrometertank des KATRIN-Experiments nach einer Fahrt rund um Europa durch einen spektakulären Transport zu seinem Bestimmungsort am Campus Nord des KIT angeliefert (Foto: KIT)
Das Innere des Hauptspektrometertanks
Im Hauptspektrometertank von KATRIN bauten die Forscherinnen und Forscher ein hochpräzises Drahtelektrodensystem auf, das ein stabiles und genau definiertes Hochspannungsfeld erzeugt (Foto: KIT)
Blick in den Hauptspektrometertank von KATRIN
Blick in den Hauptspektrometertank von KATRIN. Durch die elektrischen Felder können nur die energiereichsten Elektronen den Tank durchqueren und schließlich zum Detektor gelangen (Foto: Michael Zacher)

Das am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) von einer internationalen Kollaboration aufgebaute Karlsruhe Tritium Neutrino Experiment KATRIN steht mit seiner feierlichen Eröffnung am 11. Juni vor dem Beginn einer mehrjährigen Datennahmephase, um eine der wichtigsten Fragestellungen in der modernen Teilchenphysik und Kosmologie zu beantworten: Wie schwer sind Neutrinos?

Erst seit knapp zwei Jahrzehnten wissen wir, dass Neutrinos entgegen den Vorhersagen der Teilchenphysiker überhaupt eine Ruhemasse besitzen. Diesen Beweis erbrachten die Professoren Arthur B. McDonald (Queens University, Kanada) und Takaaki Kajita (Tokyo University, Japan), die erstmals Umwandlungsprozesse von massiven Neutrinos zweifelsfrei nachweisen konnten, wofür sie 2015 mit dem Nobelpreis in Physik geehrt wurden. Bis heute ist die von Null verschiedene Neutrinomasse der einzige im Labor bestätigte Hinweis auf neue Physik jenseits des Standardmodells.

Bei den bis zu 100 Milliarden Beta-Zerfallsprozessen von molekularem Tritium pro Sekunde in der Tritiumquelle von KATRIN entstehen jeweils ein Elektron und ein Neutrino, die sich die Zerfallsenergie von 18600 Elektronenvolt teilen. In extrem seltenen Fällen geht das Neutrino dabei fast „leer aus“, und das Elektron erhält praktisch die gesamte Energie. Durch Einsteins berühmte Formel E=mc² wissen wir, dass das beim Zerfall nicht beobachtbare Neutrino jedoch mindestens seine Ruhemasse wegtragen muss, sodass die entsprechende Energie dem Elektron fehlt. Genau diesem winzigen Fehlbetrag von bis zu nur 0,2 eV (das entspricht der unvorstellbar geringen Masse von 3,6x10-37 Kilogramm)  sind die KATRIN-Forscher mit ihrer Neutrinowaage auf der Spur.

Autor Philipp Eins arbeitet als freier Journalist im Kling Klang Hörbildbüro in Berlin. Er schreibt und produziert Reportagen und Radiofeatures, moderiert Veranstaltungen und gibt Seminare und Trainings an Hochschulen.

Sprecher: Philipp Eins
Veröffentlichungsdatum: 29.5.2017
Dauer: 23:28 Minuten


Unsere Gesprächspartner

Professor Dr. Guido Drexlin ist Physiker und wissenschaftlicher Co-Sprecher der KATRIN-Kollaboration und war für den Aufbau des gesamten KATRIN-Experiments verantwortlich.

Dr. Kathrin Valerius ist Leiterin der Helmholtz-Hochschul-Nachwuchsgruppe KATRIN und koordiniert die Arbeiten des internationalen Analyseteams. 

Dr. Thomas Thümmler ist Physiker. Er leitete die Inbetriebnahme des  Spektrometers und koordiniert die erste Messphase mit Tritium.

Dr. Joachim Wolf ist Physiker und seit  Beginn der Planungen 2001 im KATRIN-Team. Er war für den Aufbau des Hauptspektrometers verantwortlich und leitet jetzt die Vakuumgruppe des Experiments.
Florian Heizmann schreibt seine Doktorarbeit über die Simulation der Gasdynamik des Tritiums in der Quelle von KATRIN.