KIT-Experte zu 30 Jahre Weltklimakonferenz: „Die Dinge passieren dort nicht zwingend auf logische Art und Weise.“
- Datum: 20.03.2025
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Vor 30 Jahren, am 28. März 1995, begann in Berlin die erste UN-Weltklimakonferenz, auch COP (Conference of the Parties) genannt. Das Ziel: ehrgeizigere Verpflichtungen auszuhandeln, als zuvor in der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen festgelegt. Professor Harald Kunstmann vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung Atmosphärische Umweltforschung am Campus Alpin des KIT in Garmisch-Partenkirchen nimmt seit vielen Jahren regelmäßig an der COP teil und deren Entwicklung miterlebt.
„In 30 Jahren hat sich der Schwerpunkt der Weltklimakonferenz verschoben. Früher standen die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse im Vordergrund, heute geht es mehr um die Finanzierung und die Frage: Wie schaffen wir den Wandel konkret?“, erklärt Kunstmann. So seien bei den COPs in Ägypten 2022 und Dubai 2023 Lobbyistinnen und Lobbyisten sowie Gelgeberinnen und Geldgeber deutlich mehr vertreten gewesen. „Das ist eine logische Entwicklung. Aus Sicht der Klimaforschung hat sich nichts Großes geändert: Wir wissen, dass wir unsere Treibhausgase schnellstmöglich massiv reduzieren müssen.“
Über die Jahre hat Kunstmann beobachtet, dass auf der COP neben Politik und Wissenschaft auch andere Faktoren eine Rolle spielen: „Die Dinge passieren dort nicht zwingend auf logische Art und Weise. Aus der offensichtigen Notwendigkeit leitet sich leider nicht automatisch ein guter Beschluss ab. Wenn sich Menschen gegenübersitzen, spielen auch Wertschätzung oder Abneigung, Ehrgeiz, Profilierungsbedürfnisse, Emotionen sowie Zufälle eine große Rolle. Das anvisierte 1,5-Grad-Ziel von Paris 2015 zum Beispiel kam am Ende überraschend und war das Ergebnis eines positiven Momentums. Damit so etwas gelingt, muss – wie im Sport – der Ehrgeiz der einzelnen Länder geweckt werden, vorne mit dabei sein zu wollen.“
Neben den politischen Verhandlungen gehe es auch darum, sich über Best Practices und Erfahrungen auszutauschen: „Die COP ist inzwischen eine ‚Riesenmesse‘.“ Die Teilnehmendenzahl sorge häufig für Kritik, aber gerade das mache den Wert der Veranstaltung aus, so der Experte des KIT. „Das gibt es sonst einfach nicht, dass Regierungsvertretungen, Forschende, Nichtregierungsorganisationen, Verbände und auch Unternehmen aus der ganzen Welt zu einem Thema zusammenkommen und Lösungen ausloten. Nur auf den COPs können die Probleme rund um die Klimakrise so breit diskutiert werden – auch wenn es bei 200 Nationen eine Politik der kleinen Schritte ist. Ein weltweites Vorankommen in diesen Fragen kann nur funktionieren, wenn man sich trifft“, so Kunstmann.
Am Rande der Weltklimakonferenz würden außerdem wichtige Verträge unterzeichnet, über die allerdings kaum berichtet werde. „Ich konnte 2022 in Sharm el Sheik ein Gespräch mit dem israelischen Sonderbotschafter für Klima miterleben, in dem er freudig über ein zuvor schwer realisierbares und auf der COP nun doch abgeschlossenes Abkommen mit den Nachbarländern zur Renaturierung des Jordans berichtet hat“, erinnert sich Kunstmann. „Der Erfolg einer COP lässt sich entsprechend nicht auf wenige politische Statements reduzieren.“
Die 30. COP findet vom 10. bis 21. November 2025 in Belém (Brasilien) statt.
Weitere Informationen über Harald Kunstmann und seine Forschung finden Sie im Expertenporträt.
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