KIT-Experten zur EURO 2024: „Gute Chancen, die Gruppenphase zu dominieren“

  • Datum: 27.05.2024
  • Nach zahlreichen verpatzten Auftritten, zwei Trainerwechseln und teils heftiger öffentlicher Kritik sucht die deutsche Männer-Nationalmannschaft ab 14. Juni 2024 bei der Fußball-Europameisterschaft den Weg zurück in die Erfolgsspur. Darf angesichts der Erfolge in den letzten Testspielen gegen Frankreich und die Niederlande auf ein neues „Sommermärchen“ gehofft werden?

     

    „Aus den Erfolgen der Vergangenheit ist in Deutschland die Erwartung entstanden, dass die Fußballnationalmannschaft nur dann erfolgreich ist, wenn sie zu den besten drei Mannschaften eines Turniers gehört“, sagt Dr. Dietmar Blicker, Fußballexperte und Leiter des Hochschulsports am Institut für Sport und Sportwissenschaft (IfSS) des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). „Die Kombination von ‚ausgebliebenen‘ Erfolgen und aktuell aufsteigender Formkurve könnte zu einem positiv wirksamen Underdog-Gefühl führen. Dadurch hat die deutsche Mannschaft gute Chancen, die Gruppenphase zu dominieren. Ab dem Viertelfinale wird es aufgrund des K.-o.-Systems aber schwierig, konkrete Vorhersagen zu treffen.“

     

    Auch aus dem Antritt von Julian Nagelsmann im vergangenen September als Cheftrainer der Nationalmannschaft resultieren Veränderungen: „Der ausbleibende Erfolg“, analysiert Blicker, „war sicherlich einer der Gründe für den Wunsch nach einem Umbruch. Mit dem aktuellen Kader hat Julian Nagelsmann es geschafft, einen Mix aus jungen Debütanten und erfahrenen Spielern zusammenzustellen. Kombiniert mit Nagelsmanns mutigem Spielstil, könnte daraus ein Erfolgstrend entstehen.“

     

    Neben Trainer und Kader entscheiden die Spielphilosophie und die taktische Intelligenz einer Mannschaft über ihren Erfolg. Welche Impulse gibt hier die jüngst beendete Bundesliga-Saison? Leander Forcher, Sportwissenschaftler am IfSS, diskutiert den in Spanien geprägten, in Deutschland durchaus umstrittenen Ballbesitzfußball: „Ein dominanter Spielstil mit viel Ballbesitz kann die Wahrscheinlichkeit für Erfolg durchaus erhöhen. Bayer Leverkusen und der VfB Stuttgart haben das in der zurückliegenden Saison eindrucksvoll gezeigt. Die Nationalmannschaft hatte mit diesem Spielstil zuletzt jedoch wenig Erfolg. Ich bin deshalb gespannt, welche Rolle der ‚Alonso-Effekt‘ bei der Heim-EM spielen wird.“ Zugleich betont Forcher, dass Begegnungen immer noch auf dem Platz und nicht am Taktik-Reißbrett entschieden werden: „In einem torarmen Spiel wie Fußball entscheidet der Zufall immer mit. Dieser einzigartige Charakter des Spiels, bei dem auch Außenseiter triumphieren können, wird nicht verloren gehen.“

     

    Pressing-Intensität, Packing-Rate, Raumkontrolle: Immer mehr Fußballvereine setzen bei der Matchtaktik oder bei der Spielerbewertung auf Künstliche Intelligenz (KI) und Big Data. Schießt KI demnach bei der Europameisterschaft die Tore? „KI wird Fußballtrainerinnen und -trainer sowie Fachleute für die Analyse nicht ersetzen. Die Leistungsstruktur im Fußball ist zu komplex, um die nötige Vorhersagegenauigkeit zu erreichen“, stellt Forcher klar, der für die TSG Hoffenheim Spiel- und Videoanalysen erstellt. „KI kann jedoch helfen, Muster zu erkennen und Informationen zu filtern, und auf diese Weise Entscheidungsprozesse unterstützen. Entscheidend für erfolgreiche KI-Anwendungen im Fußball sind aber Expertinnen und Experten, welche die Ergebnisse der Modelle interpretieren und auf den Einzelfall anwenden.“

     

    Zur EURO 2024 veranstaltet das Institut für Sport und Sportwissenschaft des KIT die öffentliche Vorlesungsreihe Zurück zur Weltspitze? Sportwissenschaftliche Einblicke EURO 2024. Beginnend am 29. Mai 2024, vermitteln renommierte Fachleute an vier Terminen ihre Erkenntnisse und Erfahrungen in den Bereichen Nachwuchsförderung, Technologie/VAR, Spielanalyse und Data Science und stimmen auf die EM im eigenen Land ein.

     

    Für Interviewwünsche oder weiterführende Informationen stellt der Presseservice des KIT gern den Kontakt zu den Experten her.

     

    Bitte wenden Sie sich an Justus Hartlieb, E-Mail: justus.hartlieb@kit.edu, Tel.: 0721 608-41155.

     

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