Andreas Gerdes: Instandhaltung und Prävention im Bauwesen

  • Datum: 29.01.2018
  • Höhere Investitionen in die öffentliche Infrastruktur haben vor der Wahl alle Parteien versprochen und sind auch drängendes Thema in Sondierungen und Koalitionsverhandlungen. Der Bedarf ist in der Tat gewaltig: Auf rund 270 Milliarden Euro beziffert die Bundesregierung den Investitionsbedarf bis zum Jahr 2030 an Straßen, Brücken, Schienen- und Wasserwegen. Viele öffentliche Gebäude sind ebenso sanierungsbedürftig: Laut Deutschem Städte- und Gemeindebund sind allein für die Renovierung von Schulen 34 Milliarden Euro nötig. Es geht aber auch billiger: Der Bauexperte Andreas Gerdes vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) hat Konzepte entwickelt, mit denen sich die Lebenszyklen von Bauwerken enorm verlängern lassen. Das könnte sehr viel Geld sparen. 

     

    „Die heutige Lebensdauer unserer Infrastruktur ist zu kurz, verglichen mit den heute oft noch genutzten Bauwerken aus der Zeit der Römer “, sagt Andreas Gerdes, Leiter des KIT Innovation Hub „Prävention im Bauwesen“. Der Materialforscher hat hier zunächst die Vergabeprozesse bei öffentlichen Aufträgen im Blick. Im Fokus steht da häufig nicht die Leistungsfähigkeit der Materialien, sondern es werden nur Mindestanforderungen ausgeschrieben. „Dabei sollte doch eigentlich klar sein, dass ich in einem öffentlichen Schwimmbad nicht den gleichen Fliesenkleber verbauen kann wie zu Hause in der Dusche.“ Schließlich unterliege das Material hier wie dort völlig anderen Belastungen, so der Professor am Institut für Funktionelle Grenzflächen (IFG). Derzeit werde aber stets das kostengünstigste Material eingesetzt, mit fatalen Folgen für die Langlebigkeit von Turnhallen, Abwasserkanälen, Leitungen für die Energieversorgung und Brücken gleichermaßen. „Dabei bildet die technische Infrastruktur doch das Rückgrat des Wirtschaftsstandorts Deutschland“, warnt Gerdes. 

     

    Ziel müsse deshalb sein, den geplanten Einsatzbereich und die damit verbundene Beanspruchung eines Materials vorab genau zu analysieren. Auch müsse man bei der Berechnung der Kosten davon weg, lediglich Planung und Bau zu berücksichtigen, sondern vielmehr die gesamten Lebenszykluskosten, fordert Gerdes. „Dann wird schnell klar, dass es keinen Sinn macht, bei den Materialkosten zu sparen.“ Denn lägen zwar die Kosten beim präventiven Bauen zu Beginn drei bis fünf Prozent über denen des konventionellen Bauens, „aber dafür kann man sich später teure und aufwendige Sanierungen sparen“. Der Bauchemiker nennt ein Beispiel: Bei Autobahnbrücken umhülle eine Schicht aus Beton die in den Pfeiler eingelegten Bewehrungsstäbe aus Stahl. Gerät Streusalz auf den Beton, saugt er sich voll wie ein Schwamm. Die Folge: Korrosion. Dies könne leicht verhindert werden, indem man die Betonoberfläche imprägniere. Plus an Lebensdauer: 20 Jahre.

     

    Und wenn schließlich doch einmal saniert werden muss, plädiert Gerdes für eine penible Zustandsanalyse im Vorfeld. „Dazu sind chemische oder physikalische Untersuchungen am Material notwendig.“ Mit Methoden wie Ultraschall, Bauradar und Röntgen hat der Experte in einem Pilotprojekt für den hundert Jahre alten Viadukt der Waldbahn im schwäbischen Welzheim ein so passgenaues Sanierungskonzept erarbeitet, dass die Gemeinde von den ursprünglich veranschlagten 3,5 Millionen Erneuerungskosten am Ende weniger als zwei Millionen hatte aufbringen müssen. „Angesichts der schwindelerregenden Summen, die für die Instandhaltung der öffentlichen Infrastruktur notwendig sind, ist das Einsparpotenzial enorm!“, betont Gerdes.

     

    Dem Experten ist klar, dass für die Verwirklichung seiner Ideen breite Akzeptanz bei den Beteiligten nötig ist. Deshalb will er mit dem Innovations-Hub „Prävention im Bauwesen“ zunächst Akteure von allen Ebenen zusammenbringen – Hersteller von Rohstoffen und Bauprodukten, Bauplaner, Bauunternehmer und Bauherren, Behörden und Normungsgremien. „Alle müssen bereit sein, konventionelle Denkmuster aufzugeben und den Wandel mitzugehen. Das erfordert Mut!“

     

    In der Gemeinde Malsch wird bereits neu gedacht. Als sogenannte „Modellkommune“ betreiben die baden-württembergische Gemeinde und das KIT gemeinsam die Erneuerung einer Gesamtschule und der Erweiterung des Hochwasserschutzes.

     

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